Stadtverordnetenversammlung: Haushaltsrede 2026 der FDP-Dreieich

Haushaltsrede des Vorsitzenden der FDP-Dreieich, Matthias Magnus, vom 8. Dezember 2025

„Vielen Dank Alex, dass ich heute die Rede zum Haushalt 2026 halten darf. Der Grund dürfte Ihnen alle bekannt sein. Alex Kowalski zieht sich leider aus der Kommunalpolitik zurück. Er bleibt aber der Stadt Dreieich in ehrenamtlichen Funktionen erhalten und wird uns so weiterhin leidenschaftlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Alex wir freuen uns schon darauf.

Dreieich ist eine der schönsten Städte, die ich kenne. Seit über 20 Jahren lebe ich hier mit meiner Familie. Meine Kinder sind hier in den Kindergarten am Lachengraben gegangen und haben an der Ricarda-Huch-Schule ihr Abitur gemacht. Heute studieren sie und wollen die Welt erobern. All das war möglich, weil Dreieich uns eine Heimat geboten hat, die funktioniert: Kitas, Schulen, Schwimmbäder, Sportplätze, Vereine, Straßen, Fahrradwege – und eine lebendige Gemeinschaft.

Die Kommune ist das Fundament unserer Gesellschaft. Hier verbringen wir 80 bis 90 Prozent unseres Lebens. Doch dieses Fundament gerät ins Wanken. Viele Menschen spüren: Der Staat wird zunehmend dysfunktional, und die Kommunen können ihre Aufgaben immer weniger erfüllen. Marode Straßen, sanierungsbedürftige Schulen, fehlende Kitaplätze, veraltete Sportanlagen – der Sanierungsstau nimmt stetig zu. Der Staat und die Bürokratie wachsen, die Wirtschaft schrumpft, die Belastungen für die Bürger steigen. Auch Dreieich ist davon nicht ausgenommen.

Ein Blick in den Haushalt 2026 zeigt: Dreieich ist finanziell ein Sanierungsfall. 145 Mio. Euro Erträgen stehen 157 Mio. Euro Aufwendungen (+5% vs. 2025) gegenüber – ein Verlust von 12 Mio. Euro. Bis 2029 kumulierte Verluste von über 60 Mio. Euro. Das ist ein strukturelles Problem, nicht ein vorübergehendes. Die Schulden der Stadt werden bis 2029 auf 104 Mio. Euro steigen, hinzu kommen rund 80 Mio. Euro bei den Tochtergesellschaften. Wir reden also von nahezu 200 Mio. Euro Gesamtverschuldung. Der freie Cashflow reicht nicht aus, um den jährlich steigenden Kapitaldienst (aktuell rund 8 Mio. Euro) zu tragen. Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu – 2012 lässt grüßen.

Der vorgelegte Haushalt ist aus Sicht der FDP nicht zustimmungsfähig. Er zeigt keinen Weg aus der Misere auf. Er führt Dreieich in eine wachsende Verschuldung und in die zukünftige Handlungsunfähigkeit. Und er ist nicht generationengerecht.

Ein „Weiter so“ können wir uns nicht leisten. Wir brauchen mutige Schritte, ein neues Denken. Die vielen kleinen Anträge der anderen Fraktionen, die Einsparungen von weniger als 1 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen, sind nicht einmal der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein. Dies ist ein Grund falsches Verständnis von „Beibehalten der Handlungsfähigkeit“. Damit werden sie ihrer Verantwortung als gewählte Volksvertreter nicht gerecht. Da ist ein sich Wegducken.

Klar ist: Wir müssen „Wer bestellt, bezahlt“ – Konnexität – konsequent einfordern. Ja, das ist juristisch anspruchsvoll. Aber Gesetze sind nicht gottgegeben. Sie können geändert werden. Gemeinsam mit anderen Kommunen müssen wir hier deutlich mehr Gegenwehr leisten – wir müssen zum „gallischen Dorf“ werden. Und die meisten, ich nenne Sie mal Konnexitätsgesetze, stammen aus der Zeit Merkel. Asylgesetzte, Rechtsanspruch Kitaplätze, Ganztagsbetreuung von Grundschulkinder, usw… Alles im Kern gut gemeinte Gesetze aber die Finanzierung der Kommunen wurde dabei sträflich vergessen.

Genauso klar ist aber: Wir müssen in der Stadt selbst konsequenter nach Einsparpotenzialen suchen und neue Wege gehen, etwa durch einen Ideenwettbewerb für Mitarbeitende. Vor allem müssen wir Prozesse digitalisieren und effizienter machen. Prozesskosten reduzieren heißt das Zauberwort. Andere Kommunen sind hier viel weiter. Selbst Schwimmbäder lassen sich kosteneffizienter betreiben – Beispiele gibt es genug. Wir müssen außerdem den Anstieg der Personalkosten bremsen. Unsere Forderung, unbesetzte Stellen (außer im Kita-Bereich) zu streichen, wurde leider abgelehnt. Es braucht mehr Kostenbewusstsein in der Verwaltung. Die explodierenden Telefon- und Faxkosten, teure Diensthandys, unnötige neue Rotlichtblitzer, ein Anstieg der Werbekosten um 370 Prozent und von Beratungskosten um 70 Prozent – all das zeigt uns: Ein Wille zur Konsolidierung sieht anders aus.

Gleichzeitig muss die Stadt externe Expertise nutzen. Wir brauchen echte Sanierungs-Profis. Die kostenlosen Beratungsangebote des Lande Hessen können dabei unterstützen. Wir begrüßen den interfraktionellen Antrag hierzu. Warum die Verwaltung angesichts der Lage nicht selbst auf diese Idee gekommen ist, bleibt allerdings ein Rätsel.

Was uns besonders stört: Die Stadt ist schnell dabei, Steuern, Mieten und Abgaben zu erhöhen – aber sehr langsam darin, ihre Kostenstrukturen zu optimieren. Die jüngst beschlossenen Erhöhungen der Grundsteuer, damit der Mieten und der Gewerbesteuer, sind wirtschaftspolitisch kontraproduktiv. Das ist eine wirtschaftspolitische Geisterfahrt. Höhere Belastungen für Bürgerinnen und Bürger, Mieter und Gewerbetreibende bremsen die wirtschaftliche Erholung, erschweren Investitionen und schwächen den Konsum. Damit verschärfen wir die Krise.

Steuererhöhungen nehmen zudem den Druck, echte Konsolidierungsanstrengungen zu unternehmen. Die Reihenfolge stimmt nicht: Erst muss die Stadt konsequent ihre Hausaufgaben machen – dann kann man über zusätzliche Belastungen reden. Zeit hätten wir dafür, denn Rücklagen und Liquidität sind noch vorhanden.

Klar ist: Auch der Kreis Offenbach muss seinen Beitrag leisten. Die Kreisumlage steigt ungebremst. Teure und defizitäre Projekte wie der Hopper und ein Personalzuwachs von über 50 Prozent in zehn Jahren helfen nicht gerade weiter bei der Konsolidierung. Im Haushalt finden wir dazu leider keine Strategie.

Fazit: Der Haushalt 2026 ist in seiner derzeitigen Form nicht zustimmungsfähig. Die Stadt muss deutlich stärker konsolidieren, effizienter wirtschaften und hierzu auch externe Expertise nutzen. Ziel muss für die kommenden Jahre ein generationengerechter Haushalt sein – mit ausgeglichenem Ergebnishaushalt und einer klaren Begrenzung der Verschuldung. Eine überzeugende Strategie ist hierzu im Haushalt nicht erkennbar.

Solide Finanzen sind das Fundament einer handlungsfähigen Kommune – davon profitieren alle Bürgerinnen und Bürger, die in ihr leben, heute und morgen. Und das habe ich noch eine paar Jahre vor.“