Darf eine Stadt bis ins Detail vorschreiben, wie die Bürger zu leben haben?
Der neue Bebauungsplan für den Bereich nördlich der Kennedystraße ist grundsätzlich zu begrüßen und auch notwendig. Allerdings schränkt er die betroffenen Grundstückeigentümer bei der Wahl der Fassadenfarbe, des Dachmaterials sowie der Frage der Art und des Umfangs der Gebäudebegrünung unverhältnismässig stark ein.
Hier unsere Pressemitteilung
Im Wortlaut:
FDP-Dreieich kritisiert Ausgestaltung des Bebauungsplans für Teile Dreieichenhains.
„Bebauungsplan schränkt Rechte der Eigentümer unverhältnismäßig ein.“
In den städtischen Gremien wird derzeit der Entwurf zum neuen Bebauungsplan „Auf die Hohl in den Kellersbüschen Dreieichenhain“ behandelt. Dieser betrifft den Bereich nördlich der Kennedystraße – also u.a. Odenwaldring, Nahrgangstraße, Teile der Phillip-Holzmann-Straße und der Kennedystraße.
Dieser neue Bebauungsplan (B-Plan) ist grundsätzlich zu begrüßen und auch notwendig, vor allem um endlich die planungsrechtliche Grundlage für eine maßvolle Erweiterung der vorhandenen Wohnbauflächen zu schaffen, u. a. über die Anhebung der Dächer.
Allerdings schießt er für die Dreieicher Freien Demokraten weit über die städtebaulichen Ziele der Planung hinaus. Denn der Entwurf schränkt die vom B-Plan betroffenen Grundstückeigentümer in der Gestaltung ihrer Immobilien durch zu detaillierte Vorgaben unverhältnismäßig ein. „Dieser B-Plan bestimmt nicht nur das große Ganze, sondern auch Details, bei denen eine Kommune aus unserer Überzeugung heraus keinen Anspruch erheben kann, diese zu reglementieren“. Außerdem werden die Eigentümer mit teilweise kostenintensiven Zusatzmaßnahmen belastet.
So sieht der Entwurf des B-Plans unter anderem als verbindliche Maßgabe vor,
– dass Fassadenfarben nicht mehr der freien Wahl des Eigentümers überlassen werden, sondern auf Weiß sowie „helle Pastelltöne“ beschränkt werden.
– Bei den Dachziegeln sind die Eigentümer ebenfalls nicht mehr Herr der Entscheidung, verwendet werden dürfen zukünftig nur noch „matte Dachpfannen und -ziegel in wenigen ausgewählten Farben“ – glänzende Pfannen, beschichtete Ziegel, Biberschwänze oder Zinkblech sind verboten.
– Auch Flachdächer/Pultdächer mit geringer Neigung können nicht mehr nach eigenem Ermessen gestaltet werden, sondern müssen begrünt werden.
– Ebenso fensterlose Außenwände – auch diese müssen bei Neu- und Anbauten mit Kletterpflanzen u. ä. begrünt werden.
– Und auch die Ausrichtung von Dachterrassen soll zukünftig vorgegeben werden.
Wir sind überzeugt, dass die Erreichung der Ziele des Bebauungsplans in einem ohnehin bereits bebauten Bestandgebiet nicht eine so weitreichende Regulierung erfordert. „Wir unterstützen ausdrücklich die baurechtlichen Vorgaben wie Maße und Höhe – aber den Grundstückseigentümern sollten nach unserer Ansicht mehr Gestaltungsspielräume eingeräumt werden, z. B. bei der Wahl der Fassadenfarbe, des Dachmaterials sowie der Frage der Art und des Umfangs der Gebäudebegrünung.“
Die Dreieicher FDP weiter: „Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden – warum will die Kommune dann ausgerechnet in Gestaltungsfragen detaillierte Vorgaben machen? Und mit welcher Begründung? Es kann doch nicht sein, dass das individuelle Geschmacksempfinden des Bauamts zukünftig von den Eigentümern verbindlich übernommen werden muss.“
Die Fraktion der FDP-Dreieich hat deshalb einen entsprechenden Änderungsantrag in den Gremienlauf eingebacht. Im Sinne eines Kompromisses sollen die o.g. Vorgaben in „Empfehlungen“ herabgestuft bzw. gestrichen werden.
Bei der ersten Beratung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Energie fand der Änderungsantrag jedoch keine Mehrheit. Dass eine solche Überregulierung von den anderen Fraktionen stillschweigend hingenommen wird, verwundert die FDP-Dreieich. „Es stellt sich die Frage, welche Rechtfertigung manche Stadtverordnete haben, die Eigentümer derart zu bevormunden. Der angebliche „Schutz des Charakters des Wohngebietes“ kann es nicht sein – dieser ist auch ohne die strittigen Paragraphen des B-Plans mehr als ausreichend gegeben. Das ist wohl eher eine Grundsatzfrage: Dürfen und sollen die Stadt oder der Staat den Bürgern in allen Lebenslagen Vorschriften machen, wie sie zu leben haben? Wir sind der Überzeugung: nein!“